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as deutsche Erbrecht könnte so simpel sein. Wer sich allerdings vor Augen führt, dass jährlich Tausende von Erbstreitigkeiten entstehen, der erkennt: Es ist kniffliger, als es erscheinen mag. Von der gesetzlichen Erbfolge über die Pflichtteilsregelungen bis hin zum Testament und Erbvertrag existieren zahlreiche Gesetze. Sie erleichtern zwar den Umgang mit dem Erbrecht, bieten aber dennoch viel Streitpotenzial.

Folgende Ausführungen sind ein Versuch, das Erbrecht einfach zu erklären. ​Hierbei darf jedoch nicht vergessen werden, dass es auf den Einzelfall ankommt. Individuelle Umstände können eine Sachlage stark verändern. Warum würden ansonsten einige Gerichte über die Auslegung des Erbrechts entscheiden müssen.

Es gibt immer einen Erben

Immer wenn ein Mensch in Deutschland verstirbt, gibt es ein Vermögen. Dies kann sich in positiven Zahlen auf der Bank, Immobilien und Wertgegenständen ausdrücken. Es kann aber auch ein negatives Vermögen existieren, zu dem Schulden zählen. Nach dem deutschen Erbrecht ist es unmöglich, dass sich dieses positive oder negative Vermögen niemanden zuordnen lässt. Es gibt demnach immer einen Erben. Dieser übernimmt die Rechte und Pflichten, sobald der Erbfall eintritt. Dies wird auch als Gesamtrechtsnachfolge bezeichnet, die in §1922 geregelt ist.

Doch wieso gibt es immer einen Erben? Das deutsche Erbrecht kennt die gesetzliche Erbfolge. Sie tritt ein, wenn es kein Testament oder keinen Erbvertrag gibt. Sollte es keinen letzten Willen geben und auch keine Angehörigen, erbt der Staat das negative oder positive Vermögen (§1936 Abs. 1, Satz 1 BGB).

Übrigens: Das Erbrecht sagt nicht exakt aus, wann ein Mensch tot ist. Zumeist dürfte man davon ausgehen, sobald Herz- und Kreislauf stillstehen. Findet eine künstliche Beatmung statt und wird der Kreislauf mit externen Mitteln am Laufen gehalten, dürfte es der Hirntod sein. In der Praxis zählt der Todeszeitpunkt, den letztlich der Arzt vermerkt.

Wer kann eigentlich Erblasser sein?

In Deutschland können nur Menschen vererben. Dies liegt daran, dass die Voraussetzung für ein Vererben ein Sterben ist. Auch dies ist ein Aspekt, der bei diesem Artikel „Erbrecht einfach erklärt“ berücksichtigt werden sollte. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Juristische Personen wie eine GmbH oder eine handelsrechtliche Personengesellschaft wie eine OHG keine Erblasser sein können. Sie können nämlich nicht sterben. Aus diesem Grund orientiert sich bei ihnen die Rechtsnachfolge nach dem Vereins- und Gesellschaftsrecht.

Wer kann Erbe sein?

Vererben können nur Menschen. Erben können jedoch Menschen und juristische Personen. Dies mag paradox erscheinen, da §1923 6 Abs. 1 deutlich sagt, dass lediglich derjenige Erbe sein kann, der bei Eintritt des Todes des Erblassers gelebt hat. Eine juristische Person lebt allerdings nicht im herkömmlichen Sinne. Das deutsche Erbrecht betrachtet sie dennoch als rechtsfähig. Und noch eine Regelung mag auf den ersten Blick überraschen: Wer zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits gezeugt war, aber nicht geboren, ist ebenfalls erbberechtigt. Dann ist nur wichtig, dass das Kind tatsächlich lebend geboren wird (§1923 Abs. 2 BGB).

Ein Beispiel: Eine schwangere Frau verliert durch einen tödlichen Autounfall ihren Ehemann. Jetzt sind sie und ihr ungeborenes Kind erbberechtigt. Damit dieses Recht ausgeübt werden kann, muss eine Lebendgeburt erfolgen.

Tote können hingegen nicht erben. Doch so eindeutig, wie die Regel klingt, ist sie nicht. Denn jetzt kann der Todeszeitpunkt entscheidend sein. Dies ist besonders schwierig, wenn vermutlich beide Personen zur gleichen Zeit verstarben. Oft lässt sich dies im Nachhinein kaum bestimmen und deshalb wird in diesem Fall angenommen, dass beide zur gleichen Zeit starben.

Ein Beispiel zeigt, wie wichtig der Todeszeitpunkt sein kann: Ein Mann fährt mit seinem unehelichen, minderjährigen Kind im Auto. Es kommt zu einem fatalen Unfall. Der Mann stirbt sofort und das Kind etwas später. Dem Kind würde eigentlich ein Erbe vom biologischen Vater zustehen. Dieses würde die leibliche Mutter des Kindes verwalten, da der Sprössling noch nicht volljährig ist. Die Ehefrau des Toten sieht dies natürlich ganz anders. Was passiert nun? An diesem Fall lässt sich deutlich erkennen, wie knifflig das Erbrecht trotz klarer Gesetzgebung sein kann.

Zu den sogenannten gesetzlichen Erben zählen nur:​

  • Verwandte des Erblassers (auch adoptierte und nicht-eheliche Kinder)
  • Ehepartner
  • eingetragener gleichgeschlechtlicher Partner
  • der Staat (falls Verwandte und Ehegatte nicht vorhanden)

Teilweise erben mehrere Personen, die dann nach §2032 9 Abs. 1 BGB eine Erbengemeinschaft bilden.

Hinweis: Tiere können in Deutschland nicht erben. Sie sind nicht rechtsfähig und werden nach dem deutschen Gesetz als Sache betrachtet. Damit wäre ein Testament unwirksam, welches Hasso oder Miezi ein Erbe zuteilwerden lässt. Dennoch ist es möglich, das Leben des Tiers nach dem eigenen Ableben abzusichern. Dies kann über testamentarische Regelungen erfolgen. So könnte der Erblasser einen Alleinerben (einen Menschen) einsetzen, der das komplette Vermögen erbt, sofern er sich um das Haustier kümmert.

Das Erbrecht einfach erklärt: Überblick über den Inhalt

​Das deutsche Erbrecht setzt sich aus mehreren Teilen zusammen und handelt folgende Bereiche allumfänglich ab:

  • Wer erben und vererben kann
  • Die gesetzliche Erbfolge
  • Das Testamentsrecht inklusive Auslegung, Anfechtung und gemeinschaftliche Testamente
  • Die vorweggenommene Erbfolge wie Schenkungen und Stiftungen
  • Das Pflichtteilsrecht
  • Der Umgang mit dem Erbe (wie Ausschlagung, Erbschein, Haftung etc.)

Erbrecht einfach erklärt: 3 beliebte Irrtümer

So manche Gerüchte ranken sich um das deutsche Erbrecht. Es ist wichtig, die Möglichkeiten und Grenzen des deutschen Erbrechts zu kennen, um im gewünschten Sinne zu vererben.

1. Irrtum: Ich kann meinen Erben Anordnungen geben

Manche Menschen möchten bestimmen, was nach dem Tod passieren soll. So möchte beispielsweise Oma Ida ihr Haus in München nur an ihre Nicht vererben, wenn sich diese weiterhin um den Rosengarten kümmert. Die alte Dame will also das Verhalten ihrer Erben lenken. Das ist theoretisch mithilfe eines Testaments möglich. Doch letztlich ist es schwer, auf das Verhalten der Erben erfolgreich Einfluss zu nehmen. Wer soll es kontrollieren? Durch Auflagen und Bedingungen im letzten Willen lässt sich zwar in gewisser Hinsicht etwas bestimmen, aber letztlich wird die Realisierung nicht vollumfänglich kontrolliert. Zudem sind einige Anordnungen rechtswidrig. Ein Beispiel dafür wäre die Anordnung, dass der Sohn heiratet.

2. Irrtum: Ich verschenke mein Vermögen und umgehe so Streit

Das kann funktionieren, wenn die Schenkungen über zehn Jahre zurückliegen. Ansonsten drohen unter Umständen Ausgleichszahlungen. Auch der Pflichtteil kann sich durch Schenkungen erhöhen oder verringern.

3. Irrtum: Erben brauchen immer einen Erbschein

Der Erbschein ist ein Dokument, welches das Nachlassgericht ausstellt. Es beweist, dass diese Person rechtmäßiger Erbe ist. Möchten Sie beispielsweise Liegenschaften der Oma über einen Immobilienmakler in München verkaufen, braucht das Grundbuchamt für die Umschreibung einen Erbschein. Doch hiervon kann es eine Ausnahme geben. Besteht ein notarielles Dokument oder ein Erbvertrag, können Sie auch dieses vorlegen.

Das Erbrecht einfach erklärt: mit Weisheit, Humor und einer Prise Sarkasmus

​Erben ist nicht leicht. Vererben auch nicht, wie die Praxis häufig zeigt. So ärgerlich und belastend Erbstreitigkeiten sind, manchmal ist es wichtig, solch ein „bedeutungsschweres“ Thema mit Humor und einer Prise Sarkasmus zu betrachten. Wie das gehen kann, zeigen folgende Sprüche und Zitate. Einige von ihnen sind darüber hinaus besonders sinnhaltig, weswegen sie zugleich einen subtilen oder offenkundigen Rat geben.

„Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen! Was man nicht nützt, ist eine schwere Last.“​(Johann Wolfgang von Goethe)
„Wenn ich scheid aus diesem Elend und lass hinter mir ein Testament, so wird daraus nur ein Zank und weiß mir’s niemand keinen Dank. Alles verzehrt vor meinem End, das macht ein richtig Testament.“ (Johann Wolfgang von Goethe)
​„Ich lasse meine tugendhaften Taten / dem Sohn zurück: Und hätte doch mein Vater / mir auch nicht mehr gelassen! Alles andre / bringt tausendmal mehr Sorge zu bewahren / als im Besitz ein Tüttelchen von Lust.“ (William Shakespeare)
​„Das Testament des Verstorbenen ist der Spiegel des Lebenden.“ (Polnisches Sprichwort/Zitat)
​„Ein kluger Knecht wird herrschen über unfleißige Erben und wird unter den Brüdern das Erbe austeilen.“ (Bibel Zitat)
„Allzu viel Geld für die Kinder aufzuhäufen, ist ein Vorwand der Habsucht.“ (Demokrit, griechischer Philosoph)
„Man soll seinen Kindern eine tüchtige Portion von Zucht und Sitte hinterlassen, nicht aber Gold.“ (Platon, griechischer Philosoph)
​„Warum sind die Menschen so dumm, so durch die Gewohnheit oder die Furcht unterjocht, mit einem Wort so blödsinnig, dass sie ihre Güter lieber denen hinterlassen, die sich über ihren Tod freuen, als denen, die sie beweinen?“ (Chamfort, französischer Schriftsteller)
„Ich lasse meine tugendhaften Taten / dem Sohn zurück: Und hätte doch mein Vater / mir auch nicht mehr gelassen! Alles andre / bringt tausendmal mehr Sorge zu bewahren / als im Besitz ein Tüttelchen von Lust.“ (William Shakespeare)
„Gewiss bleibt es wunderbar, dass der Mensch das große Vorrecht, nach seinem Tode noch über seine Habe zu disponieren, sehr selten zugunsten seiner Lieblinge gebraucht und, wie es scheint aus Achtung für das Herkommen, nur diejenigen begünstigt, die nach ihm sein Vermögen besitzen würden, wenn er auch selbst keinen Willen hätte.“ (Johann Wolfgang von Goethe)
Was du bist, hängt von drei Faktoren ab: Was du geerbt hast, was deine Umgebung aus dir machte und was du in freier Wahl aus deiner Umgebung und deinem Erbe gemacht hast. (Aldous L. Huxley, Britischer Schriftsteller)
„Was man erringt, behauptet man hartnäckiger als das, was man ererbt hat.“ (Johann Wolfgang von Goethe)
“Erbgang ist die Bedingung jedes menschlichen Fortschritts, Erbgang im kulturhistorischen Sinn bedeutet: der Nachfolger arbeitet mit den Erfahrungen, dem geistigen und ethischen Kapital seines Vorgängers - die Geschichte ist das Erbrecht im Leben der Menschheit." (Rudolf von Jhering (1818 - 1892), deutscher Rechtswissenschaftler)

Hinweis: Entnehmen Sie diesen Zitaten und Sprüchen die Weisheit fürs Erben und Vererben, die Sie für wichtig erachten. Geht es um einen konkreten Fall wie beispielsweise ein Erbe mit Immobilien in München, dann wenden Sie sich unbedingt an einen Fachanwalt mit dem Fokus auf Erbrecht. Er kann Sie umfassend und zielführend beraten, denn er hat rund ums Erben viel Erfahrung und ist mit den Details aus dem Erbrecht vertraut. In Abhängigkeit vom Einzelfall kann es zudem ratsam sein, einen Immobilienmakler aus München zu kontaktieren. Sein Fachwissen ergänzt das juristische Wissen des Fachanwaltes. Nur allumfassend informiert können Sie leicht eine Entscheidung treffen, die Sie nachhaltig überzeugt und Ihrer besonderen Situation gerecht wird.

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Publiziert am 
Mar 20, 2020
 in Kategorie:
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