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rau Meier war eine glückliche Frau und Teil der 1968er-Bewegung. Sie liebte das Leben, die Freiheit und ihren langjährigen Freund Bernd, mit dem sie in ihrer Studentenzeit für den Weltfrieden auf die Straße ging.

Über Jahrzehnte hinweg lebten sie zusammen, jedoch nicht im gleichen Haus. Jeder sollte seinen Freiraum haben. 2017 erlag Frau Meier einem Krebsleiden. Da sie keine Kinder hatte, stand ihr langjähriger Lebenspartner Bernd als Alleinerbe im Testament. Sie vererbte ihm eine Immobilie in München im Wert von 300.000 Euro und 250.000 Euro Barvermögen. Bernd staunte nicht schlecht, als er dafür 159.000 Euro an Erbschaftssteuer zahlen musste. Der Alt-Hippie verstand die Welt nicht mehr. Was war passiert?

Steuerfreies Erbe gibt es – aber nur eingeschränkt

In der Bundesrepublik Deutschland gibt es die Erbschaftssteuer. Ob diese tatsächlich anfällt und wie hoch sie ist, hängt von zwei Faktoren ab: 1. Wie ist mein Verwandschafts- oder Beziehungsgrad zum Erblasser? 2. Wie hoch ist das vererbte Vermögen? Umso näher zwei Personen miteinander verwandt oder offiziell verbandelt sind, desto höher ist der Erbschaftssteuerfreibetrag. Beachtenswert ist außerdem, dass Ehegatten, Lebensgefährten und Kinder bis zu ihrem 27. Lebenjahr zum Freibetrag noch einen Versorgungsfreibetrag erhalten können.

Und was ist nun mit Bernd aus dem Beispiel? Bernd war mit Frau Meier nicht verheiratet, weswegen er automatisch in die Steuerklasse III beim Erbschaftsrecht fällt. Zudem liegt sein Freibetrag als Lebenspartner ohne Trauschein nur bei 20.000 Euro. Von dem Erbe, welches einen Wert von insgesamt 550.000 Euro hat, muss er demnach 530.000 Euro versteuern. Der Steuersatz liegt bei 30 Prozent, was ein Abgabe in der Höhe von stolzen 159.000 Euro ergibt.

Steuerfrei vererben: Höhe der Freibeträge

Nach dem deutschen Steuerrecht gibt es Freibeträge, die sich je nach Verwandtschaftsgrad zum Erblasser unterscheiden:

  • Ehegatten, Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft: 500.000 Euro
  • Kinder: 400.000 Euro
  • Enkel: 200.000 Euro
  • Eltern und Großeltern: 100.000 Euro
  • Geschwister: 20.000 Euro

Freunde, Lebenspartner, Schwiegerkinder, Stiefeltern, geschiedene Ehepartner: 20.000 Euro
Hätte Frau Meier ihren Bernd geheiratet, hätte er auf das Gesamterbe von 550.000 Euro demnach nur 3.500 Euro zahlen müssen. Dies entspräche sieben Prozent auf die 50.000 Euro über dem Freibetrag. Hätten sie geheiratet und hätte er mit ihr zusammen im vererbten Haus gewohnt, wären die Steuern komplett entfallen.

Wie hoch ist die Erbschaftssteuer, wenn der Freibetrag überschritten wird?

Sobald der Freibetrag überschritten wird, fällt ein Steuersatz für das übrige Erbe an. Wie hoch dieser Prozentsatz letztlich ist, richtet sich nach dem Verwandtschaftsgrad zum Erblassen bzw. der sich daraus ergebenen Steuerklasse und der Höhe des steuerpflichtigen Erbes:

  • Steuerklasse 1: Ehe- bzw. Lebenspartner (offiziell eingetragen), Kinder, Enkel und Urenkel
  • Steuerklasse 2: Geschwister, Nichten und Neffen
  • Steuerklasse 3: Onkel, Tanten, Freunde und langjährige Lebensgefährten

Der Steuerklasse 1 kommen die geringsten Sätze zu, die bei sieben Prozent für ein Erbe bis zu 75.000 Euro und bis hin zu 30 Prozent bei einem Erbe von mehr als 26.000.000 Euro reichen. Bei Steuerklasse 3 fallen die höchsten Sätze an. Bei einem Erbe bis zu 75.000 Euro nach Abzug des Freibetrags liegt der Steuersatz bei 30 Prozent. Übersteigt das Erbe die hohe Grenze von 26.000.000 Euro, sind es gar 50 Prozent. Kritik wurde in den letzten Jahren laut, dass die Freibeträge zu hoch und die Steuersätze bei Familienangehörigen zu niedrig seien. Einige Politiker argumentieren, dass Kinder oder Enkelkinder für das Erbe nicht selbst gearbeitet hätten. Inwiefern die derzeitige Rechtssprechung gerecht oder ungerecht ist, bleibt Ansichtssache. Ob es eine Gesetzesänderung geben wird, entscheidend der Bundesgerichtshof.

Zusätzlich zum Freibetrag: dieses Erbe ist noch steuerfrei

Eine Erbschaftssteuer fällt nicht für Hausratsgegenstände wie Fernseher, Möbel, Wäsche und Geschirr in einer Höhe von 41.000 Euro an, wenn der Erbe zur Steuerklasse I gehört. Auf 12.000 Euro beläuft sich der Freibetrag für körperliche Gegenstände, unter die der private Wagen oder Schmuck fallen. Handelt es sich um einen Erben der Steuerklasse II und III, sind 12.000 Euro für Hausrat und körperliche Gegenstände steuerfrei. Ausgenommen von dieser Regelung sind Wertpapiere, Edelsteine, Münzen und sonstige Zahlungsmittel.

Von einem weiteren Freibetrag in der Höhe von 20.000 Euro profitieren Personen, die den Verstorbenen ohne Bezahlung gepflegt haben. Wer beispielsweise seinen Vater bis in den Tod umsorgt hat, kann zum regulären Freibetrag noch 20.000 Euro hinzuzählen.

Komplett steuerfrei ist ein Vermögensrückfall. Ein Beispiel: Eltern schenken dem Sohn ein Haus. Stirbt der Sohn vor den Eltern und das Haus geht zurück an sie, zahlen sie dafür keine Erbschaftssteuer, auch wenn der Freibetrag überschritten wird.

Immobilie geerbt: Wie ermittle ich, ob das Erbe steuerfrei ist?

Um zu wissen, ob mit der geerbten Immobilie das gesamte Erbe noch innerhalb der Freibetragsgrenze liegt, muss ihr Wert bestimmt werden. Für die Immobilienbewertung gibt es Sachverständige, die diesbezüglich offiziell zertifiziert wurden. Der Gutachter bewertet das Haus nach gängigen Kriterien wie Lage, Zustand, Ausstattung und weiteren Faktoren. Er verfasst dazu einen Bericht mit detaillierten Zahlen. Diese professionelle Wertermittlung wird ebenfalls dem Finanzamt eingereicht, sollte sich eine Steuerpflicht aus dem Erbe ergeben. Tipp: Das Wertgutachten erlaubt ein Sparpotenzial. Indem wertmindernde Eigenschaften wie beispielsweise der Renovierungsbedarf aufgeführt werden, lässt sich der Objektwert drücken. Dies minimiert die Erbschaftssteuer. Selbstverständlich sollte die Maßnahme nicht überzogen werden, da ansonsten das Finanzamt misstrauisch wird und im schlimmsten Fall gar eine argwöhnische Täuschung der Behörden vorliegt.

Sonderregelung bei vermieteten Immobilien und selbstgenutzten Immobilien

Ganz gleich, ob die Immobilie in München, in Hamburg oder in einem anderen Ort in Deutschland steht: Für Häuser und Wohnungen, die vermietet sind oder die selbst genutzt werden, greift eine Sonderregelung bei der Erbschaftssteuer. Ist die Wohnimmobilie vermietet, veranschlagt das Finanzamt nur 90 Prozent des ermittelten Objektverkehrswertes. Die Erben profitieren damit von einem Bewertungsabschlag von zehn Prozent. Hat der Erblasser die Immobilie selbst bewohnt, kann er sie ungeachtet ihres Wertes steuerfrei vererben, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:

  • Der Erblasser wohnte bis zu seinem Tod selbst in der Immobilie.
  • Sofort nach dem Erbfall wohnt für mindestens zehn Jahre dort sein Ehepartner, sein eingetragener Lebenspartner oder sein Kind.
  • Die Wohnfläche überschreitet nicht eine Größe von 200 Quadratmetern. Alles, was darüber liegt, wird pro Quadratmeter gesondert und anteilig besteuert.

Achtung: Eine nachträgliche Besteuerung droht dem Erben, wenn er nicht mindestens zehn Jahre in der Immobilie wohnt. Der Fiskus entbindet nur Härtefälle von dieser Regelung. Darunter fällt beispielsweise ein Umzug in ein Heim aufgrund des gesundheitlichen Zustandes. Ein Jobwechsel gehört dahingegen nicht dazu.

Steuerfrei vererben: geschickt die Erbschaftssteuer umgehen

Sie können auf legale Weise steuerfrei vererben, wenn Sie geschickt mit Ihrem Vermögen umgehen. Hier ein paar Tipps:

  • Nutzen Sie zu Lebzeiten die Schenkungssteuerfreibeträge! Auf diese Weise erfreuen Sie sich an der Freude Ihrer Lieben, ersparen ihnen Erbschaftssteuer und minimieren einen etwaigen Erbschaftsstreit. Alle Schenkungsfreibeträge erneuern sich nach zehn Jahren.
  • Bei Übertragung von Immobilien zu Lebzeiten können Sie das Nießbrauchrecht nutzen. Demnach sind Sie zwar nicht mehr der eigentliche Eigentümer des Objektes, aber haben ein lebenslanges Wohnrecht und viele weitere Rechte mehr.
  • Durch die Adoption von beispielsweise den Kindern des Lebenspartners lässt sich für diese eine bessere Steuerklasse erreichen.

Mein Erbe ist nicht steuerfrei: Was nun?

Nach dem Ableben einer Person füllen die Hinterbliebenen fürs Amt einen Bescheid aus, auf dem die Vermögenswerte des Toten notiert sind. Auch das Finanzamt erfährt von den zuständigen Behörden von dem Tod der Person. Ein Sachbearbeiter kalkuliert die Höhe der Steuerschuld und wendet sich dann an den Steuerschuldner. Die Steuerschuld muss zeitnah beglichen werden. Doch keine Regel ohne Ausnahme: Haben Sie beispielsweise eine teure Immobilie geerbt, aber verfügen nicht über die finanziellen Mittel die Erbschaftssteuer dafür zu entrichten, gibt ihnen das Finanzamt zumeist eine längere Zahlungsfrist. Natürlich können Sie sich dazu entscheiden, das Erbe auszuschlagen. Ob das ratsam ist, hängt vom Einzelfall ab.

Publiziert am 
Apr 3, 2018
 in Kategorie:
Steuer

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