er eine Immobilie erbt, denkt zuerst an bleibende Werte, an familiäre Geschichte, vielleicht auch an eine neue Zukunft. Doch schnell rückt etwas anderes in den Mittelpunkt: die Erbschaftssteuer. Besonders 2025 ist dieses Thema aktueller denn je, denn mit dem Jahreswechsel traten neue Regelungen in Kraft.
Erben von Immobilien: So funktioniert die Besteuerung aktuell
Die Erbschaftssteuer in Deutschland richtet sich nach dem Verkehrswert des geerbten Vermögens, dem Verwandtschaftsgrad zum Erblasser und den geltenden Freibeträgen. Immobilien nehmen in diesem System eine Sonderrolle ein: Sie sind schwer teilbar, nicht sofort veräußerbar und oftmals emotional aufgeladen. Ihr Wert wird vom Finanzamt nach gesetzlich definierten Bewertungsverfahren festgesetzt: Vergleichswert, Ertragswert oder Sachwert. Die ermittelte Summe bildet die Grundlage für die steuerliche Bemessung.
Infobox: Freibeträge werden je nach Verwandtschaftsgrad gewährt: Kinder erhalten 400.000 Euro, Ehepartner sogar 500.000 Euro. Alles, was darüber liegt, ist mit Sätzen zwischen 7 und 30 Prozent (Steuerklasse I) steuerpflichtig. Bei fernen Verwandten oder Freunden fallen bis zu 50 Prozent Steuern an (Steuerklasse III).
Gesetzesänderungen zum Jahreswechsel 2024/2025: Das sollten Sie wissen
Das Jahressteuergesetz 2024 bringt eine Reihe konkreter Änderungen, die ab dem 1. Januar 2025 gelten und sich direkt auf Immobilienerben auswirken. Besonders relevant ist dabei die Erhöhung des Erbfallkostenpauschbetrags von 10.300 auf 15.000 Euro. Diese Summe wird pauschal vom steuerpflichtigen Nachlasswert abgezogen und mindert somit unmittelbar die Steuerlast, ohne dass konkrete Nachweise für Bestattungs-, Gerichts- oder Beratungskosten erforderlich sind.
Zudem wird die Stundungsmöglichkeit bei Wohnimmobilien ausgeweitet.
Bisher konnten nur Familienheime unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich gestundet werden. Ab 2025 können Erben nun für alle Wohnimmobilien eine bis zu zehnjährige Steuerstundung beantragen, sofern sie die fällige Steuer nur durch Verkauf der Immobilie aufbringen könnten. Ob diese Regelung praxisgerecht ist, wird sich zeigen. Gerade bei schwankenden Immobilienwerten oder unklaren Nutzungsabsichten bleibt die Anwendbarkeit im Einzelfall zu prüfen.
Auch bei grenzüberschreitenden Erbfällen ändert sich etwas: Erben mit beschränkter Steuerpflicht (z. B. Wohnsitz im Ausland) können künftig anteilig Nachlassverbindlichkeiten abziehen. Diese Regelung soll mehr steuerliche Gleichbehandlung schaffen. Sie wirft jedoch Fragen hinsichtlich der konkreten Berechnung und Nachweispflichten auf.
Ebenfalls neu: Der sogenannte Befreiungsabschlag für Wohnimmobilien kann nun auch bei Grundbesitz in Drittstaaten (außerhalb der EU) gewährt werden, sofern ein steuerlicher Informationsaustausch mit dem betreffenden Staat besteht. Eine Liste dieser Staaten wird vom Bundesfinanzministerium veröffentlicht. Wie umfassend dieser Austausch tatsächlich funktioniert, ist jedoch unklar.
Beispiel aus der Praxis: Wenn Steuern den Verkauf erzwingen
Julia M., 38 Jahre, erbt im März 2025 das Haus ihres verstorbenen Vaters in München. Die Doppelhaushälfte aus den 1970ern liegt in guter Lage und wird vom Finanzamt mit einem Verkehrswert von 1,2 Millionen Euro bewertet. Ihr Freibetrag als Tochter beträgt 400.000 Euro. Auf 800.000 Euro fällt damit eine Erbschaftssteuer an. Der Steuersatz liegt bei rund 19 Prozent: 152.000 Euro.
Da Julia die Immobilie nicht selbst nutzen kann und keine ausreichenden Rücklagen besitzt, beantragt sie eine Steuerstundung. Gemäß der neuen Regelung wird ihr eine Frist von bis zu zehn Jahren gewährt, in der sie die Steuer begleichen kann.
Gleichzeitig nimmt sie Kontakt zu einem Makler auf, um den Verkauf vorzubereiten. Ohne die neue gesetzliche Regelung hätte Julia das Haus sofort unter Zeitdruck verkaufen müssen und wahrscheinlich einen niedrigeren Preis akzeptiert. Ob diese Entwicklung bei vielen Erbfällen eine Entlastung schafft oder lediglich einen Aufschub darstellt, ist eine offene Frage.
Grunderwerbsteuer und Grundsteuer: zwei weitere Stellschrauben für Immobilienerben
Nicht nur bei der Erbschaftssteuer gibt es Neuerungen. Auch die Grunderwerbsteuer und Grundsteuer wurden mit mittelbaren Folgen für Erben angepasst.
Ab dem 6. Dezember 2024 gilt ein neuer Paragraph im Grunderwerbsteuergesetz: § 1 Abs. 4a GrEStG definiert klar, wann ein Grundstück dem Vermögen einer Gesellschaft zuzurechnen ist. Diese Regelung soll missbräuchliche Umgehungskonstruktionen verhindern und betrifft Erben, wenn Immobilien in Erbengemeinschaften oder Gesellschaften gehalten werden. Kritiker sehen darin jedoch zusätzliche Komplexität bei der Abwicklung einfacher Erbfälle.
Gleichzeitig bleibt der Bestandsschutz für bisherige Vergünstigungen erhalten: Steuerbefreiungen für Gesamthandsgemeinschaften (z. B. Erbengemeinschaften oder GbRs) gelten weiter, auch wenn sich durch das MoPeG (Modernisierung des Personengesellschaftsrechts) die Gesellschaftsform ändert.
Mit Wirkung zum 1. Januar 2025 wird zudem die neue Grundsteuer wirksam. Grundlage ist die umfassende Reform, nach der die Grundsteuer auf Basis neu berechneter Grundsteuerwerte erhoben wird. In Regionen mit starken Wertsteigerungen kann das zu höheren laufenden Kosten führen. Wie stark diese Belastung ausfällt, hängt von den Hebesätzen der jeweiligen Kommune ab.
Für Erben bedeutet das: Behalten Sie eine vermietete Immobilie, sollten Sie die neue Grundsteuerbelastung in die Wirtschaftlichkeitsrechnung einbeziehen. Zusätzlich wurde in § 220 Abs. 2 BewG gesetzlich verankert, dass Steuerpflichtige einen niedrigeren gemeinen Wert nachweisen dürfen, wenn dieser mindestens 40 Prozent unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegt. Diese Nachweismöglichkeit ist positiv zu werten, wirft aber zugleich Fragen hinsichtlich der praktischen Umsetzbarkeit und Beweislast auf.
Handlungsspielraum für Erben: was Sie konkret tun können
Gerade durch die Gesetzesänderungen lohnt es sich, frühzeitig zu handeln. Folgende Schritte können helfen:
1. Verkehrswert realistisch einschätzen lassen
Ein unabhängiges Gutachten oder eine professionelle Einschätzung durch einen Makler können Abweichungen zur Finanzamtsbewertung aufzeigen und als Grundlage für einen möglichen Einspruch dienen.
2. Stundung gezielt nutzen
Wenn kein ausreichendes Vermögen vorhanden ist, um die Steuer sofort zu zahlen, kann ein Antrag auf Steuerstundung bares Geld und Zeit bringen. Die gesetzliche Möglichkeit besteht, die Bewilligung liegt jedoch im Ermessen der Behörden.
3. Verkauf mit professioneller Hilfe vorbereiten
Ein erfahrener Immobilienmakler unterstützt nicht nur bei der Wertermittlung, sondern auch bei der Vermarktung und Preisverhandlung. Besonders bei emotional belegten Objekten hilft der neutrale Blick.
4. Steuerliche Beratung einholen
Bei komplexen Familienverhältnissen, Auslandsbezug oder Gesellschaftsstrukturen lohnt sich die Konsultation eines Steuerberaters oder Fachanwalts für Erbrecht.
5. Frühzeitig planen, auch ohne konkreten Erbfall
Es kann helfen, zu Lebzeiten Vermögen zu übertragen, um mehrfach von nutzbaren Freibeträgen zu profitieren (alle zehn Jahre). Auch Schenkungen mit Nießbrauchsvorbehalt sind denkbar.
6. Kommunale Steuerlast beobachten
Die Höhe der neuen Grundsteuer ergibt sich nicht nur aus dem Wertansatz, sondern auch aus der Hebesatzpolitik der Kommune. Wer in mehreren Bundesländern Immobilien besitzt, sollte die regionale Steuerbelastung im Blick behalten.
Blick nach vorn: was in der Reformdebatte zur Erbschaftssteuer diskutiert wird
Neben den Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2024 wird die Erbschaftssteuer in Fachkreisen weiterhin intensiv diskutiert. Zwar liegt derzeit kein offizieller Reformentwurf vor, doch politische Stimmen und Fachgremien bringen regelmäßig Vorschläge ein, die vor allem Immobilienerben betreffen würden. Im Mittelpunkt stehen Fragen der steuerlichen Gerechtigkeit, der regionalen Ungleichverteilung von Immobilienwerten und der zukünftigen Finanzierung öffentlicher Haushalte.
Folgende Punkte werden in der aktuellen Diskussion häufig aufgegriffen:
Anpassung der Freibeträge an Preisentwicklungen - Die Freibeträge wurden seit Jahren nicht erhöht, obwohl die Immobilienpreise stark gestiegen sind. Gefordert wird eine regelmäßige Indexierung, etwa nach dem Verbraucherpreisindex oder regionalen Bodenrichtwerten.
Reform der Bewertungsverfahren - Kritiker bemängeln, dass die standardisierten Verfahren (Sach-, Ertrags- oder Vergleichswert) den tatsächlichen Marktwert oft nicht abbilden – etwa bei Altbauten oder individuellen Wohnkonzepten. Eine realitätsnähere Bewertung wird vielfach als gerechter empfunden.
Einschränkung des Familienheimprivilegs - Die vollständige Steuerbefreiung für selbst genutzte Immobilien könnte künftig an Wohnflächenobergrenzen oder Einkommensgrenzen gekoppelt werden, um steuerliche Vorteile gezielter zu gewähren.
Regionale Staffelung der Erbschaftssteuer - Diskutiert wird, Freibeträge oder Steuersätze an das regionale Preisniveau anzupassen. Hintergrund ist die ungleiche Bewertung von Immobilien in Metropolen und ländlichen Räumen.
Verfassungsrechtliche Prüfung der Ungleichbehandlung - Einzelne Gutachten sehen in der aktuellen Praxis eine mögliche Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes. Sollte das Bundesverfassungsgericht aktiv werden, könnten Änderungen kurzfristig erforderlich werden.
Ob und wann gesetzgeberische Schritte folgen, bleibt offen. Für Immobilienerben empfiehlt es sich dennoch, künftige Entwicklungen im Blick zu behalten.
Weitere Informationen und Quellen zum obigen Thema:
- Immobilie nur an ein Kind vererben: Wie funktioniert das?
- Ihr letzter Wille – Erbrecht: Was gilt als Schenkung?
- Nießbrauchrecht bei Immobilien: wichtige Fakten
- Erbschaftsteuer und Steuerklassen: Was sagt das Erbrecht über meine Steuerbelastung?
- Erbschaftssteuer Erhöhung 2023 - Was ändert sich für Immobilienerben?
- Bundesministerium der Finanzen - Jahressteuergesetz 2024
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