ie Erbschaft einer Immobilie kann eine große Chance sein – aber auch steuerliche Herausforderungen mit sich bringen. Insbesondere ab 2025 fragen sich viele Erben, ob die steigenden Immobilienwerte automatisch zu höheren Steuerforderungen führen. Die gute Nachricht vorweg: Nicht jede Wertsteigerung bedeutet automatisch mehr Steuern. Entscheidend ist, wie das Finanzamt den Wert berechnet und ob sich Freibeträge, Bewertungsverfahren oder Gesetzesgrundlagen verändert haben.
Steuerarten im Überblick: Welche Abgaben fallen überhaupt an?
Geht es um geerbte Immobilien, sind vor allem zwei Steuerarten relevant: die Erbschaftsteuer und die laufende Grundsteuer. Beide werden unabhängig voneinander erhoben, beruhen aber jeweils auf einer amtlichen Bewertung des Objekts. Während die Grundsteuer regelmäßig gezahlt wird und auch zukünftige Eigentümer betrifft, fällt die Erbschaftsteuer einmalig beim Eigentumsübergang an.
Ein dritter Faktor kommt in bestimmten Fällen hinzu: die Einkommensteuer.
Diese greift, wenn eine geerbte Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb verkauft wird und in der Zwischenzeit nicht selbst genutzt wurde. In solchen Fällen spricht man von der sogenannten Spekulationsfrist. Wer etwa eine geerbte Wohnung vermietet und sie nach acht Jahren verkauft, muss den erzielten Gewinn unter Umständen versteuern. Auch hier gilt: Der Wert zum Zeitpunkt des Erbfalls bildet die Bemessungsgrundlage.
Der Bewertungsmaßstab: Verkehrswert als Dreh- und Angelpunkt
Für die Erbschaftsteuer zählt der sogenannte gemeine Wert und damit der tatsächliche Marktwert der Immobilie zum Zeitpunkt des Erbfalls. Das Finanzamt legt diesen auf Basis des Bewertungsgesetzes fest.
Mit der Reform des Bewertungsgesetzes Anfang 2023 wurden die Verfahren überarbeitet und stärker an reale Marktbedingungen angepasst. Besonders in Ballungsräumen mit stark gestiegenen Bodenrichtwerten führt das zu deutlich höheren Bewertungen.
Zwar bleibt das Steuerrecht im Jahr 2025 im Kern stabil, die Anwendung dieser Bewertungsverfahren hat jedoch bereits zu einem Anstieg der steuerlichen Belastung geführt.
Freibeträge bleiben – aber reichen sie noch?
Für Erben gelten je nach Verwandtschaftsverhältnis unterschiedliche Freibeträge bei der Erbschaftsteuer. Diese wurden zuletzt nicht an die allgemeine Wertentwicklung am Immobilienmarkt angepasst. Im Jahr 2025 gelten weiterhin folgende Freibeträge:
- Ehegatten und eingetragene Lebenspartner: 500.000 €
- Kinder (einschließlich Stief- und Adoptivkinder): 400.000 €
- Enkel (wenn Eltern bereits verstorben): 400.000 €
- Enkel (bei lebenden Eltern): 200.000 €
- Übrige Erben (z. B. Geschwister, Neffen): 20.000 €
Bei stark gestiegenen Immobilienwerten stoßen diese Freibeträge zunehmend an ihre Grenzen. Eine durchschnittliche Stadtwohnung im Wert von 600.000 € führt bei einem Kind als Alleinerben bereits zu einer steuerpflichtigen Differenz von 200.000 €. Dieser Betrag wird nach dem persönlichen Steuersatz versteuert, der je nach Höhe zwischen 7 % und 30 % liegt.
Beispiel: Fiktive Erbschaft einer Doppelhaushälfte in München
Angenommen, eine alleinstehende Tochter erbt im Jahr 2025 eine modernisierte Doppelhaushälfte in einem beliebten Münchner Stadtteil. Die Eltern hatten das Haus rund zwanzig Jahre zuvor gekauft und zuletzt 2022 umfassend saniert, was eine neue Heiztechnik, ein gedämmtes Dach und einen hochwertigen Innenausbau um fasst.
Das Finanzamt setzt den Immobilienwert auf 850.000 Euro fest. Entscheidenden Einfluss darauf haben die deutlich gestiegenen Bodenrichtwerte der letzten Jahre. Für die Berechnung der Erbschaftsteuer gilt ein Freibetrag von 400.000 Euro, der für Kinder in Steuerklasse I vorgesehen ist. Der darüberliegende Betrag – in diesem Fall 450.000 Euro – ist steuerpflichtig. Nach aktueller Rechtslage wird dieser Betrag mit 15 Prozent versteuert. Das ergibt eine Steuerlast von 67.500 Euro.
Zum Vergleich: Hätte die Immobilie im Jahr 2015 den damals üblichen Marktwert von 600.000 Euro gehabt, hätte die steuerpflichtige Differenz nur 200.000 Euro betragen. Bei gleichem Steuersatz wären lediglich 30.000 Euro Erbschaftsteuer angefallen, woraus sich ein Unterschied von mehr als 37.000 Euro ergibt, obwohl sich am Steuersatz oder Freibetrag nichts verändert hat.
Dieses fiktive Beispiel zeigt, wie stark sich Immobilienwertsteigerungen auf die Erbschaftsteuer auswirken. Die steuerliche Belastung hängt also nicht nur von gesetzlichen Vorgaben ab, sondern maßgeblich von der Bewertung durch das Finanzamt. Haben Sie geerbt, prüfen Sie den angesetzten Immobilienwert durch einen Gutachter stets kritisch.
Befreiung bei Selbstnutzung: Eine wichtige Ausnahme
Für Ehepartner und Kinder gibt es eine Ausnahme von der Erbschaftsteuer, wenn die Immobilie nach dem Erbfall selbst bewohnt wird. Voraussetzung: Die Immobilie wird mindestens zehn Jahre lang durch den Erben als Hauptwohnsitz genutzt. Dann entfällt die Steuer und dies unabhängig davon, wie viel sie wer ist.
Diese Regel gilt allerdings nur für Immobilien mit angemessener Größe. Bei Kindern ist der steuerfreie Wohnflächenumfang auf 200 Quadratmeter begrenzt. Wird die Immobilie verkauft, vermietet oder vorzeitig aufgegeben, entfällt die Steuerbefreiung rückwirkend. Die Konsequenz ist dann, dass die gesamte Erbschaftsteuer nachzuzahlen ist.
Entwicklung der Immobilienwerte: keine Gesetzesänderung, aber eine neue Realität
Die steuerlichen Regeln haben sich im Jahr 2025 nicht grundlegend verändert, aber dafür die Marktwerte vieler Immobilien. Seit 2020 sind die Preise in vielen Regionen stark gestiegen. Die Kombination aus hoher Nachfrage, knapper Fläche und langfristig gestiegenen Baukosten wirkt sich unmittelbar auf die Wertermittlung aus.
Gerade ältere Immobilien mit guter Lage wie etwa Einfamilienhäuser in Stadtrandlagen erreichen inzwischen Marktwerte, die deutlich über den bisherigen Freibeträgen liegen.
Da die Bewertung durch das Finanzamt nicht auf dem Kaufpreis, sondern auf einem normierten Verfahren basiert, kann selbst ein leerstehendes, renovierungsbedürftiges Haus einen hohen steuerlichen Wert haben. Das führt dazu, dass selbst „unscheinbare“ Immobilien mittlerweile eine Erbschaftsteuerpflicht auslösen.
Was können Sie als Erbe tun?
Zwar lässt sich der amtliche Wert der Immobilie nicht beliebig beeinflussen, doch es gibt durchaus Spielräume. Ein qualifiziertes Gegengutachten durch einen unabhängigen Sachverständigen kann helfen, einen zu hoch angesetzten Wert anzufechten. In vielen Fällen akzeptiert das Finanzamt ein schlüssig begründetes Gutachten, wenn es nachvollziehbar unter dem ursprünglich festgelegten Wert liegt.
Zusätzlich können Sie prüfen, ob die Nutzung der Immobilie zur Steuerbefreiung führt oder ob eine steuerlich optimierte Aufteilung innerhalb der Familie möglich ist. Darunter fallen eine Teilungsversteigerung, ein Nießbrauch oder eine Schenkung zu Lebzeiten. In komplexen Erbkonstellationen, etwa bei mehreren Geschwistern, empfiehlt sich frühzeitig die Einbindung eines Fachanwalts für Erbrecht.
Keine Änderungen bei Grundsteuer – aber neue Bewertung
Die Grundsteuer betrifft Sie als Erbe zusätzlich zur Erbschaftsteuer. Hier gab es zwar keine steuerliche Mehrbelastung durch die Erbschaft an sich, doch hat die Reform der Grundsteuer im Jahr 2025 die laufenden Kosten vieler Immobilien verändert. Für die Bewertung greift nun nicht mehr der alte Einheitswert, sondern ein aktualisiertes Modell, das je nach Bundesland unterschiedlich ausfällt.
In Bundesländern wie Bayern wird ein wertunabhängiges Modell verwendet, das hauptsächlich auf Grundstücksgröße und Nutzung basiert.
In anderen Ländern fließen hingegen Marktwerte und Lagefaktoren ein. Gerade in hochpreisigen Regionen kann das zu deutlich höheren Grundsteuerbescheiden führen, was wiederum die Haltekosten einer geerbten Immobilie beeinflusst. Diese laufenden Belastungen sollten bei jeder Verkaufsentscheidung oder langfristigen Nutzung berücksichtigt werden.
Mehr Steuern – nicht durch neue Regeln, sondern durch neue Werte
Die steuerlichen Grundlagen haben sich im Jahr 2025 nicht dramatisch verändert. Doch die realen Auswirkungen auf Erben sind deutlich spürbar. Grund dafür ist die Kombination aus:
- gestiegenen Bodenrichtwerten,
- aktualisierten Bewertungsverfahren,
- gleichbleibenden Freibeträgen und
- anhaltend hohen Immobilienpreisen.
Hinzu kommen die laufenden Belastungen durch die Grundsteuer, die je nach Kommune stark variieren können.
Steuerbelastung aktiv steuern durch ein rechtzeitiges Handeln
Eine Immobilie zu erben ist zwar ein Vermögenszuwachs, aber das Erbe geht auch mit einer Verpflichtung einher. Die steuerlichen Konsequenzen hängen von Marktmechanismen und behördlicher Bewertung ab. Je früher Sie sich mit den zentralen Fragen rund um Verkehrswert, Freibeträge und Nutzung auseinandersetzen, desto größer Ihr Handlungsspielraum.
Im Zweifel empfiehlt sich eine individuelle Beratung durch einen Steuerberater, Gutachter oder Fachanwalt. Mit der richtigen Strategie lassen sich unnötige Belastungen vermeiden und steuerliche Chancen nutzen. Dies ist gerade in Zeiten wichtig, in denen der Staat den Wert von Immobilien stärker in den Fokus nimmt.
Weitere Informationen und Quellen zum obigen Thema:
- Checkliste: Die 7 häufigsten Fehler bei geerbten Immobilien nach der Grundsteuerreform
- Münchner Immobilienpreise 2025: Verlässliche Werte für Ihre Erbschaftsplanung
- Immobilie nur an ein Kind vererben: Wie funktioniert das?
- Wohneigentum erben: Diese Formalien sind zu beachten
- Erbschaftsteuer und Steuerklassen: Was sagt das Erbrecht über meine Steuerbelastung?
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