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eit der Überarbeitung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) Anfang 2024 gelten verschärfte energetische Anforderungen beim Eigentumswechsel. Neue Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern – egal ob durch Kauf, Erbschaft oder Schenkung müssen bestimmte Sanierungspflichten innerhalb von zwei Jahren erfüllen. Besonders für Erben bedeutet das: Neben dem Nachlass übernehmen sie auch gesetzlich geregelte Investitionsverantwortung.

Rechtlicher Rahmen: Das Gebäudeenergiegesetz im Überblick

Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) bildet seit November 2020 den zentralen Rechtsrahmen für energetische Anforderungen an Gebäude in Deutschland. Es bündelt die vorherigen Regelwerke – die Energieeinsparverordnung (EnEV), das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) und das Energieeinsparungsgesetz (EnEG) und wurde zuletzt Anfang 2024 überarbeitet. Ziel des GEG ist es, den Energieverbrauch von Gebäuden zu senken und den Einsatz erneuerbarer Energien im Gebäudebestand zu fördern.

Für Eigentümerwechsel enthält das Gesetz klare Vorgaben: Sobald ein Ein- oder Zweifamilienhaus den Besitzer wechselt, gelten bestimmte Sanierungspflichten für den neuen Eigentümer.

Dabei spielt es keine Rolle, ob der Wechsel durch Kaufvertrag, Schenkung oder Erbfall erfolgt. Maßgeblich ist allein der Eigentumsübergang im rechtlichen Sinne.

Die gesetzlichen Grundlagen finden sich im Abschnitt 5 des GEG, insbesondere in den Paragraphen 47 bis 71. Diese setzen unter anderem die Nachrüstpflichten bei ungedämmten Dachgeschossen, alten Heizkesseln und unisolierten Rohrleitungen fest. Für Erben bedeutet das: Der Erwerb einer Immobilie durch Erbgang führt automatisch zu einer energetischen Sanierungspflicht. Allerdings gibt es auch Ausnahmen.

Das Gesetz versteht sich als Beitrag zur Erreichung der Klimaziele im Gebäudesektor. Eigentümer, die sich rechtzeitig informieren und handeln, vermeiden so etwaige Bußgelder und verbessern den energetischen Zustand sowie den Marktwert der geerbten Immobilie.

Erben im Fokus: Besonderheiten bei unentgeltlichem Eigentumsübergang

Das Gebäudeenergiegesetz macht keinen Unterschied zwischen Käufer und Erbe. Auch bei unentgeltlichem Eigentumsübergang greifen demnach dieselben energetischen Nachrüstpflichten wie beim Kauf.

Viele Erben wissen zunächst nicht, dass sie damit gesetzlich verpflichtet sind, bestimmte Sanierungsmaßnahmen innerhalb von zwei Jahren umzusetzen. Wird die Frist versäumt, drohen Bußgelder von bis zu 50.000 Euro.

Eine Ausnahme besteht nur, wenn der bisherige Eigentümer die Immobilie bis zuletzt selbst bewohnt hat. In diesem Fall greift ein Bestandsschutz, der die Sanierungspflichten aufhebt. Diese Ausnahme entfällt jedoch, wenn der Erblasser das Haus vermietet hat oder bereits seit Jahren leer stand. Eine individuelle Prüfung ist daher unverzichtbar.

Besondere Herausforderungen ergeben sich durch lückenhafte Unterlagen oder unklare Gebäudebeschreibungen im Nachlass. Ohne konkrete Angaben zu Baujahr, Heizungstyp oder Dämmzustand kann keine sichere Einschätzung erfolgen. Erben sind daher gut beraten, frühzeitig Fachleute einzubeziehen.

Typische Unsicherheiten, mit denen Erben häufig konfrontiert sind:

  • keine Nachweise über das Baujahr der Heizungsanlage
  • Unklarheit über vorhandene Dachdämmung oder Rohrisolierung
  • fehlende Sanierungsdokumentation aus Vorjahren
  • Erbengemeinschaft ohne klare Zuständigkeit für bauliche Entscheidungen
  • irrtümliche Annahme, dass geerbte Immobilien grundsätzlich ausgenommen sind

Im Ergebnis zeigt sich: Auch ohne aktives Handeln übernehmen Erben mit dem Eigentum die volle energetische Verantwortung. Ein bewusster Umgang mit dieser Verpflichtung schützt vor rechtlichen Risiken und schafft die Grundlage für werterhaltende Investitionen.

Was jetzt zu tun ist: Schritt für Schritt zur Erfüllung der Sanierungspflichten

Nach dem Eigentumswechsel beginnt eine verbindliche Frist: Innerhalb von zwei Jahren müssen alle gesetzlichen Nachrüstpflichten des Gebäudeenergiegesetzes erfüllt sein. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Haus bewohnt, leerstehend oder vermietet ist. Um den Überblick zu behalten und rechtliche Risiken zu vermeiden, empfiehlt sich ein systematisches Vorgehen in mehreren Etappen:

Schritt 1: Zustand der Immobilie prüfen

Der erste Schritt ist eine gründliche Bestandsaufnahme. Ziel ist es, den energetischen Ist-Zustand des Gebäudes realistisch einzuschätzen. Dabei sollten folgende Punkte geklärt werden:

  • Wie alt ist die Heizungsanlage, und handelt es sich um einen noch zulässigen Typ?
  • Ist die oberste Geschossdecke gedämmt oder besteht Nachholbedarf?
  • Wurden Heizungs- und Warmwasserleitungen, die durch unbeheizte Räume führen, ausreichend isoliert?
  • Gibt es Unterlagen zum Energieverbrauch der letzten Jahre, die Hinweise auf energetische Schwächen geben?
Diese Informationen lassen sich zum Teil aus vorhandenen Bauunterlagen oder Rechnungen gewinnen. Fehlen diese, helfen visuelle Kontrollen und technische Einschätzungen durch Fachleute.

Schritt 2: Energieberatung einholen

Im nächsten Schritt sollte ein qualifizierter Energieberater hinzugezogen werden. Er erstellt eine fachliche Bewertung der Sanierungspflichten auf Grundlage des GEG. Dabei zeigt er auch auf, welche Maßnahmen miteinander kombinierbar sind und welche Fördermittel in Frage kommen. Ein schriftlicher Energieberatungsbericht dokumentiert die Ergebnisse und schafft eine belastbare Planungsgrundlage – insbesondere, wenn die Maßnahmen nicht sofort, sondern gestaffelt umgesetzt werden sollen.

Schritt 3: Dokumentation sichern

Alle vorhandenen Nachweise zu bereits durchgeführten Maßnahmen sollten sorgfältig gesammelt und archiviert werden. Dazu gehören:

  • Handwerkerrechnungen
  • Fotos vom baulichen Zustand
  • technische Beschreibungen oder Protokolle
  • alte Energieausweise (falls vorhanden)

Bei Rückfragen durch Behörden oder bei einem späteren Verkauf lassen sich so gesetzliche Anforderungen besser belegen. Die Erfahrung zeigt: Lückenhafte Nachweise führen häufig zu Problemen – nicht nur juristisch, sondern auch bei der Finanzierung oder Bewertung.

Schritt 4: Maßnahmen planen und priorisieren

Mit den Erkenntnissen aus der Energieberatung kann nun entschieden werden, welche Maßnahmen innerhalb der Frist umzusetzen sind. Dabei sollten technische Machbarkeit, Kosten, mögliche Förderungen und persönliche Nutzungspläne berücksichtigt werden. Auch eine Abstimmung mit Handwerksbetrieben ist sinnvoll, um Fristen und Termine einzuhalten.

Schritt 5: Fristen aktiv im Blick behalten

Die gesetzliche Zwei-Jahres-Frist läuft ab dem Zeitpunkt des Eigentumswechsels – nicht ab dem Einzug, der Grundbucheintragung oder der behördlichen Erfassung.

Wer diesen Stichtag kennt und alle Schritte frühzeitig einleitet, vermeidet unnötigen Druck und hält sich Handlungsspielräume offen.

Eine einfache Fristenübersicht im Kalender hilft, Zwischenziele zu setzen und rechtzeitig Förderanträge zu stellen.

Gibt es Handlungsspielräume, Förderungen und Alternativen?

Auch wenn die Pflichten des Gebäudeenergiegesetzes verbindlich formuliert sind, lässt das Gesetz Raum für individuelle Spielräume.

Ein zentrales Instrument dabei ist die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Über dieses Programm lassen sich viele gesetzlich vorgeschriebene Sanierungsschritte bezuschussen. Die KfW bietet:

  • zinsgünstige Kredite für energetische Einzelmaßnahmen
  • direkte Zuschüsse, z. B. für die Dämmung von Dachflächen oder den Austausch veralteter Heizkessel
  • sowie steuerliche Erleichterungen, etwa durch Absetzbarkeit der Sanierungskosten über mehrere Jahre

Zusätzlichen Handlungsspielraum gewährleisten Sonderregelungen für besondere Objekte:

  • Bei denkmalgeschützten Immobilien oder Gebäuden in Erhaltungsgebieten gelten häufig erleichterte Anforderungen. Hier genügt oft ein alternativer Nachweis zur energetischen Beschaffenheit.
  • Die zuständige untere Denkmalbehörde informiert über konkrete Möglichkeiten zur Abweichung von den Standardanforderungen.

Auch bei wirtschaftlicher Überforderung sind Härtefallregelungen vorgesehen. Ist die Sanierung im Verhältnis zum Gebäudewert nicht tragbar, kann eine Ausnahme beantragt werden. Eine fundierte Stellungnahme eines Energieberaters erhöht hier die Erfolgschancen deutlich.

Nicht zuletzt lohnt ein strategischer Blick auf die zukünftige Nutzung:

  • Bei geplanter Eigennutzung empfiehlt sich eine schrittweise Modernisierung mit Hilfe von Fördermitteln.
  • Steht ein Verkauf im Raum, kann unter Umständen die Sanierungspflicht im Kaufvertrag an den Erwerber übertragen werden. Dies wird notariell festgehalten.
Achtung: Die energetischen Pflichten lassen sich nicht ignorieren, aber sie lassen sich gestalten. Mit einem fundierten Plan, fachlicher Unterstützung und gutem Timing wird aus der gesetzlichen Verpflichtung eine wertsteigernde Investition.

Weitere Informationen und Quellen zum obigen Thema:

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Ein Hinweis in eigener Sache: Die hier angebotenen Informationen dienen der Orientierung und ersetzen keine Rechtsberatung. Bitte wenden Sie sich an einen qualifizierten Anwalt, Fachanwalt oder Notar, um Ihre eigene Situation abzuklären.

Photo by Daniele La Rosa Messina on Unsplash

Publiziert am 
Nov 3, 2025
 in Kategorie:
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